von Monika Engler und Kathrin Dinner, beide sind am Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung (ZWF) der Fachhochschule Graubünden tätig und forschen und beraten zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Die institutionelle Kinderbetreuung wurde in den letzten Jahren stark ausgebaut. Trotzdem stossen berufstätige Eltern noch immer häufig an Grenzen, da das Kita-Angebot nur bedingt den Anforderungen der Arbeitswelt entspricht. Es fehlt insbesondere an flexiblen Buchungsmöglichkeiten sowie Betreuungsmöglichkeiten ausserhalb der normalen Arbeitszeiten. Eltern mit unregelmässigen Arbeitszeiten oder Wochenendeinsätzen – beispielsweise im Gesundheits- oder Tourismussektor – müssen auf informelle Betreuungsformen zurückgreifen. Gelingt dies nicht, sind die Möglichkeiten zur Erwerbstätigkeit entsprechend eingeschränkt.
Im Rahmen des Projekts «Kooperationsmodelle zur Sicherstellung berufskompatibler Kinderbetreuungsstrukturen im ländlichen Raum» geht die Fachhochschule Graubünden der Frage nach, wie die berufskompatible Betreuungsinfrastruktur auch abseits der Zentren durch geeignete Kooperationsformen kostengünstiger und zugleich umfassender und zuverlässiger (z. B. während saisonalen Spitzenzeiten sowie ausserhalb der Büroarbeitszeiten) bereitgestellt werden kann. In Zusammenarbeit mit Kinderbetreuungsanbietern aus den Kantonen Graubünden und St. Gallen sowie regionalen Firmen konnten drei weiterzuverfolgende Kooperationsmodelle identifiziert werden, darunter die Wochenend-Kita.
Die Wochenend-Kita ist insbesondere für Mitarbeitende und Unternehmungen mit durchgehendem 7-Tage-Betrieb von Interesse. Sie bietet an Samstagen und Sonntagen eine halb- und ganztägige, flexibel buchbare Betreuungsmöglichkeit für Eltern aus der ganzen Region beziehungsweise dem Einzugsgebiet mehrerer Kitas. Um die Eltern finanziell zu entlasten und die Finanzierung sicherzustellen, sieht das Modell der Wochenend-Kita eine Kostenbeteiligung regionaler Firmen vor. Im Gegenzug profitieren die beteiligten Wirtschaftspartner von einer besseren Verfügbarkeit ihrer Mitarbeitenden. Darüber hinaus können sie ihre Attraktivität als Unternehmung mit guten Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf steigern. Weitere Kooperationsmodelle sind die Pop-up-Kita und das Zentrale Servicecenter. Diese Modelle werden unter www.fhgr.ch/kibe näher vorgestellt.
Die Coronakrise führt zu Engpässen im Gesundheitswesen, so dass Kantone und Gesundheitsinstitutionen versuchen, zusätzliches Personal zu mobilisieren. Um diesem Aufruf Folge leisten zu können, muss für Eltern ein adäquates Kinderbetreuungsangebot zur Verfügung stehen. Eltern buchen Kinderbetreuungsplätze heute jedoch üblicherweise (weit im Voraus) in verbindlich festgelegtem Umfang, zu gleichbleibenden Wochentagen. Dies kollidiert regelmässig – insbesondere während der Coronapandemie – mit den geforderten Arbeits- und Dienstzeiten der Eltern. So kommt es, dass die institutionelle Kinderbetreuung seit den Lockdowns zwar von breiten Kreisen als systemrelevant anerkannt wird, sie aber vielfach ausgerechnet den Anforderungen von berufstätigen Eltern in anderen systemrelevanten Berufen nicht entspricht. In der Folge kann der Arbeitsmarkt das dringend benötigte Fachkräftepotenzial nicht voll ausschöpfen.
Die Wochenend-Kita möchte einen Beitrag leisten, diese Lücke im heutigen Betreuungsangebot zu schliessen. Dank der gezielten Angebotserweiterung und der konsequenten Ausrichtung des Angebots auf die Bedürfnisse erwerbstätiger Eltern des Spital- und Gesundheitswesens bietet sie Eltern mit (unregelmässigen) Wochenendeinsätzen Zugang zur institutionellen Kinderbetreuung.
Bild: zVg