Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Menschen nicht allein wegen Arbeitsüberlastung ausbrennen, sondern insbesondere aufgrund negativer zwischenmenschlicher Beziehungen und des Verlusts der eigenen Identität. Von Christina und Jürg Wilhelm
Fragt man nach, was Menschen am meisten stresst, so nennen sie Arbeitskollegen, den Chef, Familie, Partnerschaft oder sich selbst. Meist liegt die Stressursache in spannungsgeladenen und konfliktreichen Beziehungen. Je grösser die Diskrepanz zwischen dem ist, was ein Mensch eigentlich will, und dem, was er jahrelang aus gesellschaftlichen und sozialen Gründen mitmacht, desto grösser ist die Gefahr der Selbstentfremdung, der inneren Erschöpfung und schliesslich eines Burn-outs.
Niemand brennt über Nacht aus
Burn-out kündigt sich an. Initialzündung ist das Auftreten eines Konflikts mit sich oder seinem Umfeld. Wird dieser nicht gelöst, so entwickeln sich langfristig Symptome auf körperlicher, emotionaler und kognitiver Ebene. Diese Symptome werden wissenschaftlich in vier Burn-out-Phasen eingeteilt.
Wenn die Alarmglocken läuten
In der Alarmphase äussern sich klassische Stresssymptome bei Betroffenen durch vermehrtes Herzrasen, flache Atmung, Schwitzen, kalte, feuchte Hände, Verdauungsprobleme und häufig einem Klossgefühl im Hals. Auf emotionaler Ebene klagen sie über Angst, Unwohlsein, Nervosität, innere Anspannung und Unruhe. Wer in dieser Phase eine Lösung für seinen Konflikt findet oder sich fachmännische Hilfe holt, verhindert möglicherweise den weiteren Verlauf in Richtung eines Burn-outs.
Die Gefahr des Verdrängens
In der Widerstandsphase verstärken sich die körperlichen Symptome und dringen in tiefere Schichten. Betroffene klagen über ständige Kopfschmerzen, Übelkeit, Magenschmerzen, Engegefühl in der Brust, Ohrgeräusche, Rückenschmerzen oder Hautreaktionen. Gedanklich können sie an nichts anderes denken als an ihre Situation, werden passiv aggressiv und beginnen zu grübeln. Ihre Konfliktsituation scheint ausweglos, und ein Gefühl der Hilflosigkeit macht sich breit. Manche analysieren fieberhaft ihre körperlichen Symptome, andere versuchen sich durch übermässige Aktivität abzulenken oder reden sich ihre Situation schön.
Irgendwann bricht jeder Widerstand
In der Erschöpfungsphase beginnt das eigentliche Burn-out-Syndrom. Die körperlichen Beschwerden werden chronisch. Betroffene klagen über Kraftlosigkeit, unerklärliche Erschöpfung, Infektanfälligkeit und Schlafstörungen. Ständig wiederkehrende Gedanken nagen an der Konzentrationsfähigkeit und führen dazu, dass für die Erledigung von Routinearbeiten viel mehr Zeit benötigt wird als üblich.
Auf der Gefühlsebene reagieren Betroffene je nach Persönlichkeit übertrieben emotional oder innerlich erstarrt. Die Angst, verrückt zu werden oder einen Herzinfarkt zu erleiden, nimmt zu und steigert sich bis zur Todesangst. Betroffene ziehen sich zurück und schaffen es nur am Arbeitsplatz, Haltung zu bewahren.
Wenn der Stecker gezogen ist
In der Rückzugsphase sind die Betroffenen völlig kraftlos und erschöpft. Den Alltag können sie meist nicht mehr bewältigen, und gedanklich dreht sich alles um die eigene Person. Der Wunsch, sich selbst zu vernichten, wird gross, enorme Antriebslosigkeit und ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit führen zur völligen Isolation. Ein Klinikaufenthalt ist nun
unvermeidbar.
Nur Wille schützt nicht vor Burn-out
Rational gesteuerte Menschen neigen zur Ansicht, dass Konflikte allein durch Willensstärke und Verstand gelöst werden können. Dies ist ein Irrglaube, denn spätestens dem Burn-out-Patienten wird klar, dass er erst dann dauerhaft symptomfrei bleibt, wenn er auf emotionaler und mentaler Ebene die Beziehung zu sich selbst wieder aufnimmt.
Über die Autoren:
Christina und Jürg Wilhelm sind Inhaber der Praxis für Traditionelle Chinesische Medizin, Regierungsplatz 30, 7000 Chur
Telefon 081 253 0909
www.tcm-chur.ch.
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Bildlegende: Reagieren, bevor es zu spät ist. Ein Burnout durchläuft diverse Phasen. Bild Marco Hartmann