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Was heisst das – der neue Mitarbeiter ist unter der Nachweisgrenze?

Veröffentlicht am 27.11.2018
Was heisst das – der neue Mitarbeiter ist unter der Nachweisgrenze?
Immer wieder gelangen Human-Resources-Verantwortliche an die Aids-Hilfe mit der Frage, ob sie Menschen mit HIV einstellen können. Weiter wollen sie wissen, was es bedeutet, wenn jemand sagt, er sei unter der Nachweisgrenze. Wir bestätigen dann, der Kontakt mit Menschen mit HIV ist in keinem Berufsfeld ein Risiko, und sie können alle Arbeiten uneingeschränkt ausüben. 
von Lisa Janisch
 
Bereits 2008 hat die Eidgenössische Kommission für Aidsfragen festgestellt, dass Menschen unter erfolgreicher HIV-Therapie nicht mehr infektiös sind. Die Therapie schützt somit bestens vor einer Übertragung. In der Folge wurden die HIV-Tests gefördert. Seit September sind nun auch die HIV-Selbsttests in der Schweiz offiziell zugelassen.
Seit diesem damals mutigen Statement der Eidgenössischen Kommission sind zehn Jahre vergangen. Diese Tatsache ist aber noch nicht überall angekommen. Einerseits denken viele, HIV gehe sie nichts an. Gleichzeitig wird das tatsächliche Übertragungsrisiko von HIV häufig überschätzt. So werden Menschen diskriminiert, von denen bekannt wird, dass sie HIV-positiv sind, und die freie Stelle oder die Wohnung wird aus unbegründeter Angst an eine andere Person vergeben.
 
Nicht nachweisbar = nicht übertragbar
Am Arbeitsplatz besteht keine Infektionsgefahr beim Einhalten der branchenüblichen Hygiene- und Sicherheitsstandards. So kann auch bei unwissentlich HIV-positiven Menschen das Virus unmöglich durch einen nicht sexuellen zwischenmenschlichen Kontakt übertragen werden. Und wie bereits festgestellt: Bei Menschen unter erfolgreicher Therapie sind die HI-Viren nicht mehr nachweisbar, und sie können HIV nicht übertragen. Die Therapie ist somit die beste Prävention.
Es gibt Arbeitssuchende, die informieren bereits im Bewerbungsschreiben oder spätestens im Bewerbungsgespräch, dass bei ihnen die Viren nicht nachweisbar sind. Auf Anfrage von Arbeitgebenden bestätigt auch die AidsHilfe GR: Nicht nachweisbar bedeutet, dass diese Menschen das HI-Virus nicht weitergeben können. Und ergänzend weisen wir darauf hin, der Kontakt mit Menschen mit HIV ohne Therapie ist im Arbeitskontext weder für Kunden noch für Kundinnen und weder für Arbeitskolleginnen noch -kollegen ein Risiko.
 
Weitersagen ist strafbar
Nachdem sich eine Person von ihrem Partner getrennt hatte, erzählte dieser aus Rache dem ganzen Freundeskreis und dem Arbeitgeber, dass seine Ex-Partnerin HIV-positiv sei – in der Folge verlor diese ihre Stelle. Datenschutzverletzungen kommen im Arbeits- und Privatbereich oft vor. Viele Menschen gehen fälschlicherweise davon aus, dass im privaten Bereich alles weitererzählt werden darf und die Datenschutzbestimmungen nicht gelten. Dem ist nicht so. Im privaten wie auch im Arbeitsumfeld entscheidet alleine die HIV-positive Person, wen sie über ihre Diagnose informieren will. Wer jemandem diese anvertraut, sollte die informierte Person darauf hinweisen, dass das Weitererzählen der Diagnose nicht zulässig ist und strafrechtliche Folgen haben kann.
Auch Arbeitgebende sind nicht befugt, eine Offenlegung des HIV-Status zu verlangen. Die Frage nach HIV ist rechtswidrig, da sie die Persönlichkeitsrechte verletzt. Ebenfalls rechtswidrig ist die Weitergabe des Wissens um eine HIV-Infektion an Drittpersonen ohne ausdrückliche Einwilligung des/der Betroffenen. Dazu gehört auch die Information der Belegschaft.
 
Erschwerte Selbstständigkeit
Zur Absicherung einer krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit schliessen Selbstständigerwerbende eine Taggeldversicherung ab. Obwohl die meisten Menschen mit HIV gut therapiert sind und keine HIV-bedingten Arbeitsausfälle haben, wird ihnen die Aufnahme in eine Taggeldversicherung verweigert. Dieser Ausschluss diskriminiert Menschen mit HIV.
Mittlerweile gibt es einzelne Versicherungsgesellschaften, welche den Einzelfall prüfen und Taggeldversicherungen ohne Vorbehalt abschliessen. Adressen kann die Aids-Hilfe vermitteln.
 
Lisa Janisch ist Geschäftsleiterin Aids-Hilfe Graubünden.

Aids-Hilfe Graubünden, Fachstelle für Prävention und Beratung, Lürlibadstrasse 15, 7000 Chur
Telefon 081 252 49 00, info@aidshilfe-gr.ch, www.aidshilfe-gr.ch