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Was ist, wenn Krise ist?

Veröffentlicht am 20.01.2024
Was ist, wenn Krise ist?
«Krise? Welche Krise? Wir doch nicht!» möge manch eine Organisation denken – und dann wird im Call-Center ein Kunde beleidigt, die Produktion arbeitet mit fehlerhaften Teilen und eine Cyberattacke legt alles lahm. Kurz: Alle sind nun im Krisenmodus. Die gute Nachricht ist aber, dass sich Unternehmen darauf vorbereiten können. 
von Tony Brechbühl, Senior Advisor für Rosenberg Strategic Communications, Beratungen für Krisensituationen

Unternehmen stehen heute ständig unter Beobachtung: Durch Fehlverhalten oder Bedrohungen von innen oder aussen kann jederzeit Ungemach drohen. Der Allianz Risk Monitor 2023 listet die Top 10 Geschäftsrisiken in der Schweiz, an der Spitze stehen Cyberkriminalität (Erpressungen und Systemausfälle), Energiekrise (Versorgungsengpässe/ausfälle, Preisschwankungen), Betriebsunterbrechungen, politische Unruhen (Krieg, Terrorismus, Streiks). Dazu haben sich die Bedingungen im Umfeld verschärft: Mediale Debatten entwickeln sich in Echtzeit, Emotionen regieren oft über Fakten, Bilder sagen immer noch mehr als 1000 Worte – nur können wir ihnen nicht mehr trauen wie früher. 

Sirenentest im eigenen Bürogebäude
Seit der Bankenkrise kennen wir den «Stresstest» und die Zentralbanken haben private und öffentlich-rechtliche Finanzunternehmen darauf geprüft, wie gut diese für Marktturbulenzen gewappnet sind. Jedes Unternehmen sollte sich einem ähnlichen Stresstest unterziehen: Gibt es einen Notfallplan, kennen die Beschäftigten ihn und wissen alle, was zu tun (und zu lassen) ist, wenn auf den sozialen Medien ein „Shitstorm“ hereinbricht? Wenn die Presse Fragen hat? Oder die Staatsanwältin? Was ist zu tun, wenn ein Produkt zurückgerufen werden muss? Wer muss wen wann und wie informieren, damit Beschäftigte und Kunden nicht verunsichert sind? 

Im Falle einer Krise ist die erste Reaktion intuitiv die, zu hoffen, dass die Krise schnell und leise vorüber geht. Die Krise ignorieren und wegducken zu wollen ist ebenfalls eine Botschaft: «Ich bin nicht dafür verantwortlich». Zögerliche, nicht nachvollziehbare Kommunikation vergrössert die Krise nur – und wird sie persönlich, kann sie Karrieren beenden. Das alles ist psychologisch verständlich aber trotzdem die falsche Herangehensweise. Unter Druck kochen Emotionen hoch, aus Missverständnissen entstehen Fehlentscheidungen. Deswegen zahlt es sich aus, Strukturen und Prozesse für den Krisenfall einzuüben, solange noch die Sonne scheint. Fast wie die Sirenentests in der Schweiz, die Seenotrettungsübung auf einer Kreuzfahrt oder die Feueralarmübung im Bürogebäude: Spezialisierte Beratungsunternehmen helfen, Krisen zu simulieren und für den Fall zu üben

Für den Ernstfall gewappnet sein
Am Anfang steht immer eine ehrliche Schwachstellenanalyse: Welche Prozesse beherrscht die Organisation nicht so gut? Wo hapert es mit der klaren Zuteilung von Rollen? Gibt es wiederkehrende Fragen, die nie beantwortet wurden? Mit einem Krisenhandbuch kann das Unternehmen auf diese Punkte geschult und vorbereitet sein. Dabei ist es wichtig, dass dieser Leitfaden in der gesamten Organisation bekannt ist: Besser ist ein Krisenhandbuch, das lediglich 20 Seiten umfasst aber im Unternehmen etabliert ist, als eines, das 200 Seiten umfasst aber ungelesen bleibt. Im Anschluss kann ein Notfallstab zusammengestellt werden, welcher in der Lage ist, das nötige Know-How für den Krisenfall mit an den Tisch zu holen. Fragen wie «Kennen wir unterschiedlichen Stakeholder für die unterschiedlichen Abteilungen?“ oder «Sind Kontaktdaten von Behörden, Ansprechpartner und Anwaltskanzleien auch offline griffbereit»? gilt es, im Notfallstab zu thematisieren und optimieren. Führungskräfte sollten dabei ihre Mitarbeitenden einbinden. 

Krisenkommunikation ist ein zentraler Bestandteil des Krisenmanagements. Diese schliesst eindeutige Zuständigkeiten und Informationsabläufe sowie strategische Szenarien für unterschiedliche Situationen ein. Sind diese Grundlagen gefestigt, entsteht die Sprechfähigkeit der Organisation: Selbst in anfangs unübersichtlichen Lagen lassen sich stets Fakten identifizieren, über die sich sprechen lässt oder Sorgen der Betroffenen, die man adressieren kann. So gibt es keine voreiligen Schlüsse oder Spekulationen – und auf nichts anderes kommt es dabei an. Mit einer klaren Krisenkommunikation baut man nach innen und nach aussen eine überzeugende Stimme, die Informationen umfassend, aktuell, widerspruchsfreu und wahrheitsgemäss verbreitet. Ebengenau darauf sollten sich Organisationen vorbereiten: Damit aus Schnelligkeit im Krisenfall auch Plausibilität und Glaubwürdigkeit entstehen. Nur so kann Kommunikation in der Krise Werte schützen und Gestaltungsfreiheit erhalten. 

Telefon 079 795 2876
www.tonybrechbuehl.ch
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