Die Digitalisierung macht auch vor dem Tourismus nicht Halt. Moderne Führungskräfte nutzen digitale Innovationen, um den Gästen smarte, personalisierte und exzellente Dienstleistungen anzubieten sowie die Potenziale ihrer Teams weiterzuentwickeln.
von Sylvia Manchen Spörri
Der Begriff Tourismus 4.0 lehnt sich an die Industrie 4.0 als Branche mit grosser Vernetzungs- und Automatisierungserfahrung an. Mithilfe von intelligenten, digital vernetzten Systemen kommunizieren und kooperieren Gäste, Mitarbeitende, Organisationen und Gegenstände direkt miteinander. Dadurch können Unternehmen leichter smarte Angebote nach individuellen Kundenwünschen erstellen. Die Zukunftsvision besteht darin, die gesamte Customer Journey konsequent am Gästenutzen zu orientieren sowie hinsichtlich Qualität, Preis und Flexibilität zu optimieren und dadurch die Ertragslage zu verbessern. Dieser Transformationsprozess ist eine strategische Managementaufgabe, der die Dimensionen Mensch, Technik und Organisation umfasst.
Veränderungen durch Tourismus 4.0
Die Arbeitsaufgaben im Tourismus sind vielfältig. Sie reichen von standardisierbaren Aufgaben z.B. im Selbstbedienungsrestaurant oder am Self-Check-in-Automaten im Hotel bis hin zu Entwicklungs- und Managementtätigkeiten. Entsprechend nutzen Leistungsträger neue Technologien zur Automatisierung und Erhöhung der Produktivität oder zur Verbesserung der Kommunikation mit dem Gast oder auch intern, weiter bezüglich der Kooperation mit anderen Leistungsträgern und des gemeinsamen Wissensmanagements. Dank der neuen Technologien und des höheren Vernetzungsgrads werden Gastgeber und Personal von Routineaufgaben entlastet und können sich besser um Gäste kümmern.
Die Einführung der Technologie muss mit den bestehenden Dienstleistungen und der Organisation abgestimmt werden. Ein gutes Beispiel dafür sind die neuen Konzepte für Tourismusbüros im Engadin. Die I-Lounge in St. Moritz kombiniert die digitale Beratungsplattform mit der persönlichen Beratung für den Gast zu einem smarten und exzellenten Erlebnis.
Neue Rollen für Führungskräfte
Ein weiteres Beispiel ist die Weisse Arena AG, die mit ihrer Inside-Laax-App konsequent den Gästenutzen steigert, indem sie aktuelle und personalisierte Informationen und Services anbietet. Darüber hinaus bindet sie mit der App mittels spielerischen Elementen Gäste an das Skigebiet und gewinnt so Verhaltensdaten, die sie für das Management des Betriebs und die Produktentwicklung nutzen kann. Gleichzeitig baut sie ihr Unternehmen in eine agile Organisation um, in der die Führungskräfte die Rolle von Coaches haben und Teams führen, die ihre Potenziale durch grössere Autonomie entfalten.
Mitarbeitende entwickeln sich weiter
Integriert man bei der Einführung von neuen Technologien und Teamarbeit Gestaltungsprinzipien wie Job Rotation, Enlargement und Enrichment und erhöht Spielräume für Entscheidungen, steigen Polyvalenz, Flexibilität und Motivation der Mitarbeitenden. Saisonale Schwankungen werden leichter bewältigt und Entscheidungen schnell und situationsangemessen getroffen. Mit der Transformation verbunden, ist die Weiterentwicklung der Mitarbeitenden. Neben Fachkompetenzen z.B. in Digital Marketing and Sales sind auch Sozial- und Methodenkompetenzen im Bereich Teamzusammenarbeit, Change Management und Service Innovation zentral.
Digital Leadership
Die Führungskräfte der Zukunft sind als «digital Leaders» besonders gefragt. Sie erkennen und treiben die digitale Transformation im Unternehmen voran, nutzen digitale Tools im Arbeitsalltag, kennen neuste Trends, steuern Teams mit digitalen Tools und versuchen ihr Umfeld für das Thema zu gewinnen.
Indem sie das Zusammenspiel von Mensch, Technik und Organisation bewusst gestalten, tragen diese Führungskräfte zu einer nachhaltigen Entwicklung des Tourismus 4.0 bei.
Sylvia Manchen Spörri ist Arbeits- und Organisationspsychologin und Mitglied der Hochschulleitung der HTW Chur.
Bildlegende: Digital Leadership macht verändertes Führungsverhalten sowie technisches Know-how notwendig.
Grafik zVg, angelehnt an Crummenerl & Kimmer, 2015
Neu: CAS Tourismus 4.0
Das CAS Tourismus 4.0 ist ein modular aufgebautes Weiterbildungsprogramm, welches sich in seinen Kernmodulen mit der Digitalisierung im Tourismus beschäftigt. Besondere Schwerpunkte liegen auf der digitalen Transformation und Vernetzung der Branche sowie auf den digitalen Möglichkeiten im Marketing und Sales der Leistungsträger und Tourismusorganisationen.
htwchur.ch/cas-tourismus