Das stille Verhängnis: Wie Leistungsdruck zerstört und wie man sich befreien kann
Veröffentlicht am 24.02.2025
Burnout – ein Begriff, den alle schon gehört haben, aber der oft unbemerkt das eigene Leben beeinflusst. Es beginnt leise, fast unmerklich, und bevor man sich versieht, hat man das Gefühl, in einer endlosen Spirale aus Erschöpfung, Stress und Frustration gefangen zu sein. Was aber steckt hinter diesem Phänomen? Und, noch wichtiger: Wie kann man sich davor schützen?
von Dr. phil. Franco Arnold, Ober-psychologe in der Privatklinik MENTALVA der Psychiatrischen Dienste Graubünden (PDGR)
Wie ein Feuer, das brennt und letztendlich alles niederbrennt: Der Begriff «Burnout» zeichnet ein passendes Bild. Diese ursprüngliche Beschreibung dieses Phänomens stammt aus den 1970er Jahren, als ein Psychologe die ersten Zeichen von körperlicher und emotionaler Erschöpfung in Menschen, die sich in ihren Berufen vollkommen verausgabten, entdeckte. Doch obwohl der Begriff ein weit verbreitetes und bekanntes Stichwort ist, ist es noch immer keine offizielle medizinische Diagnose.
Der Hauptgrund dafür, dass Burnout lediglich als «Zustand der Erschöpfung» und nicht als eigenständige medizinische Diagnose klassifiziert ist, liegt in der Vielschichtigkeit des Phänomens. Burnout manifestiert sich durch eine Vielzahl an Symptomen, wie zum Beispiel Depressionen oder Angststörungen. Das macht es schwierig, Burnout von anderen Krankheiten abzugrenzen und führt dazu, dass der Begriff eher ein vager Sammelbegriff ist. Deswegen suchen Menschen, die unter Burnout leiden, oft professionelle Hilfe für eines dieser Symptome und begeben sich zum Beispiel für die Depression in Therapie.
Burnout ist keine plötzliche Krise – Es ist eine schleichende Folge des stetigen Drucks, immer mehr zu leisten, immer schneller zu arbeiten und dabei stets den «perfekten» Mitarbeitenden darstellen zu wollen. Für einzelne Personen ist dieser Leistungsdruck ein willkommener Antrieb (sogenannter Eustress), der sie täglich dazu motiviert, ihr Bestes zu geben. Für andere Personen, solche, die möglicherweise ihren eigenen Selbstwert mit dem Erfolg im Beruf verknüpfen, führt dieser innere Zwang eines Tages dazu, dass sie nicht nur ausgelaugt, sondern regelrecht ausgebrannt sind. Das Gefühl, den eigenen Wert durch Leistung zu rechtfertigen, ist eine Falle, aus der es schwer zu entkommen scheint.
Resilienz, Balance und das Zurückfinden zu sich selbst
Wenn Burnout das Ergebnis des ständigen Drangs ist, mehr zu leisten, dann ist der Weg aus diesem Teufelskreis der bewusste Ausstieg. Doch wie geht das? Der Schlüssel liegt in der Entwicklung von Resilienz, also der Fähigkeit, mit Stress besser umzugehen und nach Rückschlägen wieder aufzustehen. Resilienz kann durch konkrete Techniken wie Achtsamkeit, Meditation oder das Erlernen von Entspannungstechniken aufgebaut werden. Doch Resilienz ist mehr als nur ein Werkzeug – es ist eine neue Herangehensweise an das Leben, die sich nicht mehr ausschliesslich nach Leistung und Erfolg orientiert.
Ein weiterer entscheidender Punkt ist die Lebensbalance. Die sogenannte «Work-Life-Balance» ist nicht mehr ausreichend – es geht vielmehr um eine ganzheitliche Balance zwischen allen Bereichen des Lebens. In einer Welt, die Arbeit als Mass aller Dinge betrachtet, ist es von entscheidender Bedeutung, sich auch Zeit für sich selbst, für Familie, Freunde, Hobbys und Erholung zu nehmen. Es ist an der Zeit, alle Facetten des Lebens in eine für sich funktionierende Balance zu bringen und sogenannte «Life-Domain-Balance» zu etablieren.
Es gibt also einen Ausweg aus der Abwärtsspirale von Leistungsdruck – und dieser liegt in der bewussten Entscheidung, den eigenen Wert nicht über Leistung zu definieren und Grenzen zu setzen. Resilienz, Achtsamkeit und das Streben nach einer Balance aller Aspekte des Lebens sind die Schlüssel, um aus der Erschöpfung herauszufinden. Wer sich auf diesen Prozess einlässt, sich Zeit nimmt, auf sich selbst zu achten und sich von dem ständigen Drang nach Leistung, Anerkennung und Perfektion befreit, kann wieder zu mehr Energie, Freude und Lebensqualität finden.
Bild: PDGR